JULIANE WINDHAGER (1912 Bad Ischl – Salzburg 1986)
DIE STIEGE
Auf den Stufen
aus grauem Beton
hat unversehens
das schöne, sanfte Unkraut Wurzel geschlagen.
Zueinander neigen sich Schachtelhalme,
Gras steigt aus den Ritzen hervor
wie schmale, grüne Engel, mit Schwertern
behütend die Einkehr.
An den Rändern
wo es zu bröckeln beginnt
zittert im Wind des Ehrenpreis Bläue,
sprießt der Hahnenfuß, glänzend und gelb, empor.
Wo, seit Kindertagen,
hatte der Wegerich Zuflucht?
Wiederkam er von fernher, jedes der spitzen
Blätter beschwört die Treue.
Sachte beginnt das Leben
vom toten Ding
Besitz zu ergreifen,
vom toten Ding,
dem die Reichen
in ihren Kammern angstvoll nachgrübeln.
Daß doch niemand käme
Ordnung zu schaffen,
niemand
in des Elenden Garten, wo die Erinnerung
umgeht mit leisen, friedsamen
Füßen voll Tau und Geleit!
(Quelle: Juliane Windhager / Der linke Engel / Gedichte, Wien 1959, S. 42, 43)
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